Was ist der Leuchter-Report?

By Team GeschichtsCheck, 23. Januar 2017

Auf einen Blick:

  • Der Leuchter-Report ist ein Schlüsseldokument für Menschen auf der ganzen Welt, die den Holocaust leugnen
  • Leuchter, ein selbsternannter Experte für Hinrichtungen, erstellte in den 80ern ein Gutachten über die Gaskammern und Krematorien in Auschwitz
  • Mit seinen Behauptungen über Rückstände von Zyklon B wollte er den Holocaust widerlegen, lieferte aber unfreiwillig Indizien für die Vergasung
  • Der Leuchter-Report klingt naturwissenschaftlich, aber all seine Argumente wurden von der Fachwissenschaft widerlegt

Im Bild

Lesestoff:

Kommt man mit Menschen in Kontakt, die den Holocaust leugnen oder zumindest kleinreden wollen, werden sie über kurz oder lang den Leuchter-Report zitieren. Er gehört zu den wichtigsten Schlüsseldokumenten der revisionistischen Szene, weil er vermeintlich naturwissenschaftliche Beweise für das Nichtstattfinden der Vergasung von Menschen in Auschwitz liefert, die zudem auch noch vor Gericht verwendet wurden.

Der Leuchter-Report ist nach seinem Urheber Fred A. Leuchter benannt, einem 1943 geborenen Handwerker, der nach einem Bachelor-Studium der Geschichte eine Firma zur Wartung und Renovierung von Hinrichtungskammern in US-amerikanischen Gefängnissen gründete. Im Zuge dieser beruflichen Tätigkeit wurde Leuchter von Ernst Zündel zum Gutachter bestellt. Zündel, ein in Deutschland geborener Verleger, war 1958 nach Kanada geflohen, um der Wehrpflicht zu entgehen. In den 1980er Jahren stand er dort mehrfach wegen von ihm verlegter holocaustleugnender Schriften vor Gericht. Im zweiten Verfahren von 1988 wurde er von dem britischen Historiker (und späteren Holocaustleugner) David Irving sowie dem französischen Leugner Robert Faurisson unterstützt, die ihm dazu rieten, Leuchter als Gutachter zu bestellen.1

Leuchter reiste daraufhin im Frühjahr 1988 mit vier BegleiterInnen für mehrere Tage zu den früheren Konzentrationslagern Majdanek und Auschwitz-Birkenau. Als Tourist getarnt entnahm Leuchter illegal Proben aus den Wänden der KZ-Gebäude und fertigte Skizzen an. Ausweislich seines späteren Berichtes kaufte er vor Ort auch Fachliteratur. Zurück in den USA verfasste Leuchter seinen fast 200-seitigen Bericht und bereitete sich auf seine Vernehmung als Sachverständiger im Verfahren vor. Besonders erfolgreich war er dort nicht. Schon bevor er irgendetwas Inhaltliches vortragen konnte, musste Leuchter einräumen, überhaupt nicht qualifiziert zu sein:

Richter Ronald Thomas: Wie können Sie als Ingenieur arbeiten und auftreten, wenn Sie keinen Abschluss als Ingenieur haben?

Fred A. Leuchter: Euer Ehren, ich würde gerne hinterfragen, was ein Ingenieurabschluß ist.2

So ging es durch die gesamte Befragung: Zu mehreren Teilen seiner Argumentation durfte Leuchter nicht aussagen, weil er keinerlei Qualifikationen in Toxikologie oder Chemie vorweisen konnte, andere wurden nicht zu den Akten genommen. Als Leuchter behauptete, in den fünf Krematorien von Auschwitz-Birkenau hätten nur 156 Personen am Tag verbrannt werden können, wurde er mit dem Bericht des damaligen Bauleiters konfrontiert, der die Zahl bei 4.756 Leichen ansetzte. Leuchter hatte von diesem Bericht noch nie gehört.3

Leuchters Hauptargument, das von HolocaustleugnerInnen bis heute vorgebracht wird, betrifft die Rückstände von Blausäure in den Gaskammern. Tatsächlich ist dies ein Punkt, der intuitiv zunächst überzeugend wirkt und ohne entsprechendes Expertenwissen schwer zu widerlegen ist. Unstrittig ist, dass sich in den Wänden der zur Ermordung von Menschen verwendeten Gaskammern deutlich geringere Spuren von Blausäure (dem Wirkstoff von Zyklon B) finden als in jenen Räumen, in denen Zyklon B zu seinem ursprünglichen Zweck, der Tötung von Läusen, angewendet wurde. Leuchter und seine AnhängerInnen gehen daher davon aus, dass kaum Vergasungen von Menschen stattgefunden haben können. Allerdings weist Leuchter damit unfreiwillig nach, was er widerlegen will: Aufgrund der unterschiedlichen Physiologie sterben Menschen nach deutlich kürzerer Zeit (ca. 15 Minuten) und aufgrund einer deutlich geringeren Dosis (0,03 %ige Konzentration in der Luft) Zyklon B als dies bei Läusen der Fall ist (72 Stunden bei 1,6 %).4 Kurz gesagt: Die deutlich höhere Konzentration von Blausäure in einer Gaskammer gegenüber einer niedrigeren in einer anderen ist für sich genommen ein sehr starkes Indiz für den Völkermord durch Vergasung – ungeachtet all der anderen Beweise, die es für den Holocaust gibt.

Die Aufmerksamkeit, die Leuchter durch seinen Bericht und dessen anschließende Publikation zuteilwurde, hatte für ihn ganz konkrete negative Auswirkungen: Die Behörden wurden darauf aufmerksam, dass er sich ohne Abschluss und Lizenz als Ingenieur ausgegeben hatte, und warnten die Justizapparate aller US-Bundesstaaten davor, ihm Aufträge zu geben. Wenig später war Leuchters Firma insolvent. Einkommen erhält er durch stetige Neuauflagen seines „Gutachtens“.

  1. Brigitte Bailer-Galanda: Leuchter und seine Epigonen, in: Wolfgang Benz u. a. (Hrsg.): Die Auschwitz-Leugner, Berlin 1996, S. 118 f. []
  2. Zit. nach Deborah Lipstadt: Betrifft. Leugnen des Holocaust, Zürich 1994, S. 200. []
  3. Ebd., S. 204 f. []
  4. Michael Shermer/Alex Grobman: Denying History. Who Says the Holocaust Never Happened and Why Do They Say It?, Berkeley 2000, S. 131. []