Auf einen Blick
Im Bild
Lesestoff
Wenn es um die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland geht, wird häufig behauptet, dass diese Souveränität nach der Wiedervereinigung nicht wiederhergestellt worden sei. Damit verbunden sind Behauptungen, dass die Bundesrepublik Deutschland immer noch unter der Besatzungsmacht der Alliierten stünde und dass das Grundgesetz keine Verfassung darstelle.
Es stimmt, dass Politiker während der Teilung Deutschlands zwar immer von einer vollen Souveränität sprachen, es aber nur eine politische Souveränität gab. Das bedeutete, dass die drei westlichen Alliierten, Großbritannien, Frankreich und die USA, zwar die oberste Gewalt über Westdeutschland hatten, aber auf die Ausübung ihrer Hoheitsrechte verzichteten. So konnte die Bundesrepublik politisch selbstständig handeln und wurde von den anderen Staaten als weitgehend gleichberechtigter Partner anerkannt.1 Eine volle Bestätigung der Souveränität Westdeutschlands hätte zu diesem Zeitpunkt bedeutet, dass man die Teilung Deutschlands auf Dauer anerkannt hätte. Eine Wiedervereinigung wäre dadurch nahezu unmöglich geworden. Die vollständige Souveränität sollte erst das wiedervereinigte Deutschland erhalten.
Es stimmt nicht, dass die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland auch heute noch durch die ehemaligen Besatzungsmächte beschränkt wird. Im Zuge der Wiedervereinigung fanden Verhandlungen zwischen den beiden deutschen Staaten, Großbritannien, Frankreich, den USA und der Sowjetunion statt. Aus diesen Verhandlungen ging der Zwei-plus-Vier-Vertrag hervor, er wurde am 12. September 1990 unterzeichnet. Dieser Vertrag formuliert die wiedergewonnene Souveränität Deutschlands nach der Wiedervereinigung ganz deutlich:
Artikel 7
(1) Die Französische Republik, die Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland und die Vereinigten Staaten von Amerika beenden hiermit ihre Rechte und Verantwortlichkeiten in bezug auf Berlin und Deutschland als Ganzes. Als Ergebnis werden die entsprechenden, damit zusammenhängenden vierseitigen Vereinbarungen, Beschlüsse und Praktiken beendet und alle entsprechenden Einrichtungen der Vier Mächte aufgelöst.
(2) Das vereinte Deutschland hat demgemäß volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten.2
Diese Formulierungen bestätigen nicht nur die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland, sondern halten auch fest, dass Großbritannien, Frankreich, die USA und die Sowjetunion das Besatzungsstatut aufgeben. Die Bestätigung der Souveränität bedeutet für die Bundesrepublik Deutschland neben der Herrschaftsmacht über die eigenen Gebiete auch die Anerkennung als gleichberechtigter Staat.
Die Bundesrepublik Deutschland befindet sich auch nicht mehr im Kriegszustand obwohl es keinen offiziellen Friedensvertrag gibt. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag regelt alle Punkte, die auch ein Friedensvertrag regeln würde. Dazu zählen zum Beispiel territoriale Fragen und das Verhältnis zu den ehemaligen Kriegsgegnern.3
Ein weiterer Grund der häufig gegen die Souveränität der Bundesrepublik Deutschland ins Spiel gebracht wird, ist eine fehlende Verfassung. Eine Verfassung regelt die Beziehungen zu anderen Staaten, die innere Staatsorganisation und territoriale Fragen und hält Menschen- und Bürgerrechte fest. Genau diese Punkte erfüllt auch unser Grundgesetz. Nach der Wiedervereinigung wurde schlicht auf eine Umbenennung verzichtet.4
Die Souveränität Deutschlands ist also durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag bestätigt. Durch ihn wurde die Besatzung durch die ehemaligen Alliierten endgültig beendet.